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Pressemitteilung Politik

Was aus dem Fall Amthor folgen muss: Transparency Deutschland fordert Transparenzinitiative noch in dieser Legislaturperiode

Berlin, 15.06.2020

© Maxime Lebrun / Unsplash

Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland fordert als Konsequenz aus dem Fall Amthor eine Transparenzinitiative noch in dieser Legislaturperiode.

Dazu Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland:

„Die Lobbyismusaffäre um Philipp Amthor muss lückenlos aufgeklärt werden und es müssen politische Konsequenzen gezogen werden. Wir freuen uns über die vielen Stimmen, die sich nun für ein Lobbyregister aussprechen.“

Transparency Deutschland fordert im Einzelnen:

Ein umfassendes Gesetz für transparenten Lobbyismus

Zur Stärkung des Vertrauens in das politische System brauchen wir ein umfassendes Gesetz für transparenten Lobbyismus. Dazu gehört ein verpflichtendes Lobbyregister und ein „legislativer Fußabdruck“, der deutlich macht, wer an welchen Stellen am Gesetzgebungsprozess mitgewirkt hat. Dafür reicht eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages nicht aus, denn etwa 80 Prozent der Gesetze werden von der Bundesregierung initiiert. Diese Forderungen werden inzwischen von einer breiten Koalition von Industrie und Zivilgesellschaft getragen, die Transparency Deutschland angestoßen hat und der neben anderen der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) angehören.

Dazu Wolfgang Jäckle, Leiter der Arbeitsgruppe Politik:

„Um das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu stärken, müssen die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, wer Einfluss auf politische Entscheidungen genommen hat und wie diese zustande gekommen sind. Politische Interessenvertretung ist zwar Wesensbestandteil der Demokratie, jedoch nur solange sie transparent und fair geregelt ist. Hier gibt es in Deutschland – auch im Verhältnis zur EU und zu anderen Mitgliedsländern – deutlichen Nachholbedarf.“

Eine verbesserte Offenlegung, Kontrolle und Sanktionen bei Interessenkonflikten

Der Fall Philipp Amthor macht deutlich, dass die Anzeigepflichten für Bundestagsabgeordnete verschärft und Verstöße gegen die Verhaltensregeln entschiedener sanktioniert werden müssen. Offensichtlich reichen die Offenlegungspflichten und Kontrollmöglichkeiten für Nebentätigkeiten nicht aus, um Interessenkonflikte sichtbar zu machen und zu verhindern. Auch im Hinblick auf Einladungen, Reisen und Geschenke müssen die Verhaltensregeln für Abgeordnete dringend konkretisiert werden.

Es stellt sich auch die Frage, ob Philipp Amthor als stellvertretendes Mitglied im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz aufgrund seiner persönlichen Kontakte zum damaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen noch die nötige Neutralität für die Ausübung dieser Aufgabe besitzt. Transparency Deutschland fordert, dass Abgeordnete derartige Interessenkonflikte vor Sitzungen von Ausschüssen mitteilen müssen, damit sie ggf. ausgeschlossen werden können.

Einen Beauftragten für Transparenz bei der politischen Interessenvertretung

Ein vom Bundestag gewählter, unabhängiger Interessenbeauftragter soll die Einhaltung der genannten Anforderungen überwachen. Er soll die Angaben des Lobbyregisters überprüfen und bei Verstößen wirksame Sanktionen verhängen können. Ferner soll er dem Bundestag und der Öffentlichkeit regelmäßig über die Lobbyaktivitäten berichten und bei Verstößen gegen die Regeln des Lobbyregisters, eines „Legislativen Fußabdrucks“, der Interessenoffenlegung und der Parteienfinanzierung den Bundestag informieren. Ihm würde zudem die Aufgabe obliegen, Verstöße gegen die Verhaltensregeln zu erfassen und zu ahnden. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, sollte der Beauftragte eigene Ermittlungskompetenzen erhalten.

Kontakt

Dr. Wolfgang Jäckle
Leiter der Arbeitsgruppe Politik

Hartmut Bäumer
Vorsitzender

Sylvia Schwab
Pressesprecherin

Transparency International Deutschland e.V.
presse@transparency.de
Tel.: 030 - 54 98 98 0