Publikationen
Rezension

Anne Käßner: Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte der Mitglieder des Deutschen Bundestages

Berlin: Duncker & Humblot 2010, ISBN 978-3-428-13099-3, 278 Seiten, 72 Euro.

Der Untertitel dieser an der juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg entstandenen Dissertation lautet: „Eine Untersuchung möglicher Regelungsinstrumente unter vergleichender Berücksichtigung der Besonderheiten der drei Staatsgewalten.” Hier wird eine interessante Arbeit vorgelegt, weil darin Probleme genau an der Schnittstelle zwischen Demokratie mit ihren verfassungsrechtlichen Prinzipien einerseits und ökonomischen Privatinteressen der Abgeordneten des Deutschen Bundestages andererseits aufgezeigt und sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Dies verdient Respekt, da dies in einer Zeit veröffentlicht wird, in der der Ökonomismus zur beherrschenden Ideologie geworden scheint.
Die Prinzipien und Normen unserer repräsentativen Demokratie werden aufgeführt und erläutert. Daraus werden schließlich die Maßstäbe für die Beurteilung der Gesetze und Vorschriften abgeleitet, denen Mandatsträger unterliegen. So wird nicht nur das Abgeordnetenbestechungsgesetz als unzureichend kritisiert, es werden auch Hinweise für das Wie einer notwendigen Verschärfung und Erweiterung gegeben. Als unzureichend und überarbeitungsbedürftig werden auch die Veröffentlichungspflichten der Abgeordneten angesehen. Für die Offenlegung der Einkünfte werden Schritte von höchstens 1.000 Euro empfohlen und besonders die nach oben offene Einkommensgrenze wird kritisiert, da gerade in den hohen Einkommensbereichen ein „besonderes demokratisches Transparenzinteresse“ bestehe (S.181). Verbesserungswürdig sind auch die Offenlegungspflichten bei Rechtsanwälten, die abhängig sind von der jeweils gewählten Rechtsform, in deren Rahmen die Nebentätigkeiten wahrgenommen werden.
Besondere Aufmerksamkeit verdient der Abschnitt über die Erlaubnis der Annahme von Spenden durch Abgeordnete, weil diesem Tatbestand in der Öffentlichkeit bisher keinerlei Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Anne Käßner lehnt zwar ein Verbot der Annahme von Spenden durch Kandidaten und Abgeordnete ab, weil das zu einer Benachteiligung von Kandidaten führen würde, die keiner Partei angehören. Sie fordert aber eine generelle Spendentransparenz für Kandidaten. Für Abgeordnete werden die Veröffentlichungsgrenzen, die sich an Parteien orientieren, als zu hoch angesehen. Direktspenden sollten nach oben begrenzt und die Verwendung der Spenden sollte offengelegt werden. Empfohlen wird des Weiteren ein Verbot für Nebentätigkeiten, wie Spitzenfunktionärsposten, weil damit Interessenkonflikte geradezu  vorprogrammiert seien. Ein gut zu lesendes und empfehlenswertes Buch auch für Nichtjuristen. Ärgerlich daran ist allerdings der Preis von 72 Euro, der diese Publikation unverdienterweise zu einem lebenslangen Aufenthalt in den bibliothekaren Isolierstationen verurteilt.

(Jochen Bäumel)

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