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Rezension

Dr. Matthias Goers: Der Ombudsmann als Instrument unternehmensinterner Kriminalprävention

Frankfurt am Main: Peter Lang 2010, ISBN 978-3-631-59639-5, 235 Seiten. 55,80 Euro

Eine juristische Dissertation ist kein Roman. Wer dieses Buch liest, beschäftigt sich bereits forschend oder beruflich mit dem Aufgabenfeld eines anwaltlichen Ombudsmanns und interessiert sich insbesondere für strafprozessuale Themen.
In seiner Untersuchung stellt der Autor im Kern die Frage: „Handeln anwaltliche Ombudsmänner als ,Rechtsanwälte' im Sinne des § 53 Abs.1 Nr. 3 StPO?“ Strafverfolgungsbehörden sind in besonderem Maße auf Insider-Informationen angewiesen. Strafanzeigen kommen eine besondere Bedeutung zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege zu (S.20). Aus kriminalpolitischer
Sicht erscheint es begrüßenswert, alle möglichen Erkenntnisquellen umfassend auszuschöpfen. Die Informationssammlung durch das Unternehmen entlastet die Strafverfolgungsbehörden. Die Existenz von Ombudsmann-Systemen hat auch präventiven Charakter und entlastet auch  insoweit die Justiz (S.76).
„Anzustreben ist jedoch die Entwicklung möglichst rechtsähnlicher Instrumentarien“ (S. 26). Der Autor sieht dies am besten bei den Rechtsanwälten gewährleistet, deren besondere berufsrechtliche Verpflichtungen mögliche Missbrauchstendenzen der selbst agierenden Wirtschaftsunternehmen kompensieren können. Das anwaltliche Ombudsmann- System scheint damit in einen Trend zu passen, das kostenaufwendige und zeitraubende förmliche, kontradiktorische Verfahren durch kooperative, ruhige und schnelle Formen zu ergänzen.
Die Gefahr, dass diese Tätigkeit des Unternehmens als „private Ermittlungsbehörde“ auch von den Unternehmen missbraucht werden könnte ohne an den umfassenden Betroffenenschutz gebunden zu sein, sieht der Autor als gegeben. Der anwaltliche Ombudsmann, der durch Berufs- und Standespflichten auch der Allgemeinheit verpflichtet ist, könnte den Brückenschlag zwischen der Allgemeinheit an der Entdeckung und Aufklärung einer Straftat und den Interessen der Mitarbeiter und des Unternehmens gewährleisten. Dabei nimmt die Beratung des Hinweisgebers in rechtlicher Hinsicht einen wesentlichen Aspekt innerhalb des Aufgabenfeldes des Ombudsmanns ein. Das Ombudsmann-System muss dabei so ausgestaltet werden, dass der anwaltliche Ombudsmann von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs.1 Nr. 3 StPO Gebrauch machen kann. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass sämtliche dem Rechtsanwalt zustehenden strafrechtlichen und strafprozessualen Sonderrechte - wie Zeugnisverweigerungsrechte oder Beschlagnahmeverbot - auch dann greifen, wenn der Anwalt als Ombudsmann tätig wird. Dies wird auch nicht durch seine enge Verbindung mit dem Unternehmen beeinträchtigt, obwohl dies zum Beispiel gerade bei Syndikus-Anwälten, § 46 BRAO stark umstritten ist. Allerdings wird nach Ansicht des Autors eine vorgesehene Weitergabe von Informationen ins privatrechtlich ausgeprägte Unternehmensgefüge der anwaltlichen Organstellung nicht gerecht, was die Möglichkeit, sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht zu berufen, einschränkt. Entweder muss die Information deshalb direkt mit Zustimmung des Hinweisgebers an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet oder an einen wiederum berufsrechtlich besonders Verpflichteten weitergegeben werden. Beide Lösungswege könnten sich in der Praxis als problematisch erweisen.

(Peter Hammacher)

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