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Rezension

Friedrich Heinemann/Michael Knogler/Dan Stegarescu/Volkhart Vincentz/Sebastian Hauptmeier: "Transparenz und Nachhaltigkeit der Haushaltspolitik in den neuen EU-Staaten"

2007, 199 S., brosch., 44,– EURO, ISBN 978-3-8329-2519-2
(ZEW Wirtschaftsanalysen – Schriftenreihe des ZEW, Bd. 82)

Am 1. Mai 2004 wurden zehn neue Mitgliedsstaaten (acht ehemalige Ostblockstaaten, Malta und Zypern) in die Europäische Union aufgenommen. Haben die neuen Mitglieder ein solides finanzielles Fundament hinsichtlich der öffentlichen Haushalte und Verschuldung? Ist zu erwarten, dass sie in naher Zukunft die Konvergenzkriterien erfüllen und damit an der Währungsunion teilnehmen können? Halten ihre Rechnungslegungen und Planungen die von der EU gesetzten Verfahrens- und Transparenzstandards ein? Oder muss man sogar mit Datenmanipulationen rechnen, wie sie seinerzeit bei der Aufnahme Griechenlands in die Währungsunion geschehen sind? Wie sind die langfristigen fiskalischen Trends und Risiken, die insbesondere von der voraussichtlichen Entwicklung der Sozialversicherungssysteme ausgehen?

Diesen Fragen gehen fünf Wissenschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und des Osteuropa- Instituts mit großer Sorgfalt nach. Sie schöpfen dabei aus den Veröffentlichungen internationaler und nationaler Institutionen sowie aus einer Vielzahl von Interviews mit Experten innerhalb und außerhalb der neuen Mitgliedsländer, führen aber auch eigene Analyserechnungen und Simulationen durch. Die Antworten auf die oben angeführten Fragen sind recht differenziert, aber überwiegend ermutigend. In den meisten Ländern befinden sich die Haushaltsdefizite auf einem Pfad nach unten.

Begünstigt wird diese Entwicklung durch im Vergleich zu Westeuropa niedrige Schuldenstände und hohe reale Wachstumsraten. Ungarn allerdings zeigt eine bedenkliche Defizitentwicklung und in Polen ist die Situation unübersichtlich; diese Ausnahmen sind gewichtig, denn über die Hälfte der Bevölkerung aller zehn Länder lebt in Polen, und Ungarn teilt sich bei der Einwohnerzahl mit Tschechien den zweiten Platz. Hinsichtlich der Verlässlichkeit der Budget-Statistiken haben die Autoren keine konkreten Hinweise auf systematische Manipulationen gefunden. Die Umstellung auf die EU-Standards ist jedoch ein andauernder Lernprozess mit schwierigen methodischen Problemen, der teilweise immer noch mit Intransparenz und Maßnahmen der „kreativen Buchführung“ behaftet ist. Auch deshalb sind in einigen Ländern die Budgetprognosen noch relativ unzuverlässig. In der längeren Perspektive sind vor allem die Budgetrisiken gravierend, die sich aus dem in Osteuropa besonders ausgeprägten Alterungsprozess der Bevölkerung für die Rentensysteme und das Gesundheitswesen ergeben werden.

Während die baltischen Staaten infolge einer günstigeren demographischen Entwicklung und der durchgeführten Reformen ein positives Bild bei den langfristigen öffentlichen Finanzen bieten, ergeben sich vor allem in Polen, Tschechien, Ungarn und Zypern weitere Konsolidierungserfordernisse. Dieses Buch mag auf den ersten Blick nur eine kleine Gruppe von Finanzwissenschaftlern ansprechen – bei näherem Hinsehen erweist es sich jedoch als aufschlussreiche Information für einen breiteren Adressatenkreis sowohl in Parlamenten, Regierungen, nationalen und supranationalen Institutionen als auch in investierenden Unternehmen und den Kapitalmärkten. Man kann den Autoren bescheinigen, dass sie den komplizierten Stoff verständlich und übersichtlich aufbereitet haben.

Manfred zur Nieden

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