Publikationen
Rezension

Gisela Burckhardt (Hrsg ): Mythos CSR, Unternehmensverantwortung und Regulierungslücken

Bonn: Horlemann 2011, ISBN 978-3-89502-235-5, 249 Seiten. 14,90 Euro

Angesichts des Auseinanderfallens von politischem und ökonomischem Raum und des Fehlens von Regulierungsmöglichkeiten auf internationaler Ebene hat die Diskussion über Regeln für grenzübergreifende ökonomische Tätigkeiten zugenommen. Diesbezügliche Aktivitäten im politischen Raum sind so vielfältig, dass es selbst Fachkundigen schwer fällt, die Übersicht zu behalten. Die vorliegende Publikation versucht, Orientierungshilfe in zwei Fragen zu geben: 1. Wie sieht die Unternehmensverantwortung entlang der Wertschöpfungskette in Form freiwilliger, sozialer Verpflichtungen aus? 2. Welche Möglichkeiten bieten die derzeitigen staatlichen Regulierungen, wo weisen sie Lücken auf? Das in sieben Kapitel gegliederte Buch behandelt sowohl juristische Aspekte als auch die vorhandenen Ansätze von Corporate Social Responsibility (CSR) auf gesamtwirtschaftlicher und unternehmerischer Ebene. In den Blick kommt zudem die Situation in den Produktionsländern in Hinblick auf ihre sozialen und menschenrechtlichen Aspekte . Weitere Kapitel beschäftigen sich mit der Frage der Label und der Offenlegungspflichten von Unternehmen. Abgerundet wird das Ganze durch einen Katalog von Forderungen an die Bundesregierung. In seinem Aufbau orientiert sich das Buch an den drei Säulen für die UN-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte: Den staatlichen Schutzpflichten (Protect), der unternehmerischen Sorgfaltspflicht (Respect – Due Diligence) und den Maßnahmen zur Wiedergutmachung beziehungsweise zur Kompensation (Remedy). Bemerkenswert ist die von der Herausgeberin konstatierte Tatsache, dass sich – wohl unter dem Eindruck der weltweiten Krisen – die europäische Auffassung von Corporate Social Responsibility verändert hat. Wurde bisher die Freiwilligkeit der Maßnahmen betont, so heißt es in einer Veröffentlichung der Europäischen Kommission: „Behörden sollten eine unterstützende Rolle spielen und dabei eine intelligente Kombination aus freiwilligen Maßnahmen und notfalls ergänzenden Vorschriften einsetzen“ (S. 1). Die jetzige Bundesregierung beharrt dagegen weiterhin auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und koppelt sich damit vom internationalen Diskurs ab. Fazit: Das Buch gibt einen guten Überblick über den derzeitigen Stand der Diskussion zu CSR und ihren Facetten, abgerundet durch empirische Befunde. Nicht alle der über 40 Artikel sind von gleich hoher Qualität. Sie bieten einen guten Einstieg und eine gute Orientierung, ersetzen aber bei den komplexen juristischen Themen nicht immer die Lektüre der dahinter stehenden Dokumente. Die Veröffentlichung gehört dennoch in die Hand all derer, die sich mit dem Thema Corporate Social Responsibility beschäftigen möchten.

Paul Hell

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers / der Verfasserin wieder