Publikationen
Rezension

Gründinger, Wolfgang: "Lobbyismus im Klimaschutz"

Wiesbaden: Springer VS 2012. ISBN 978-3-531-18348-0. 118 Seiten. 29,95 Euro.

Gründinger erläutert das Emissionshandelssystem der EU-Klimapolitik und dessen Umsetzung in Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland. Untersucht wird der Einfluss von Interessen auf die nationale Ausgestaltung der CO2-Allokationspläne für die Handelsperioden 2005 bis 2007 sowie 2008 bis 2012. Angesichts der großen Unterschiede im klimapolitischen Anspruchsniveau der Allokationspläne der drei Länder interessiert Gründinger „das Zusammenspiel von Interessen, Institutionen und der Logik politischen Wettbewerbs“ (S.8). Ihm gelingt eine instruktive Analyse der verschiedenen Ausprägungen von Lobbyismus
(Kapitel 3). Sehr lesenswert sind seine Ausführungen über weiße, schwarze und graue Methoden des Lobbyismus, zur Asymmetrie der Interessenvertretung sowie zu den Gründen für die unterschiedlichen Einflusspotentiale von „Profitlobbyisten“ sowie ideellen Nichtregierungsorganisationen (S. 27). Während Vertreter von Wirtschaftsinteressen gerne den persönlichen Kontakt zu politischen Entscheidern pflegen, beschränken sich Nichtregierungsorganisationen häufig auf die schriftliche Übermittlung ihrer Stellungnahmen sowie die Nutzung formeller Einflussmöglichkeiten. Gründinger rezipiert hier die einschlägige Lobbyismus-Literatur. Neu und von besonderem wissenschaftlichen Interesse ist seine Analyse der Rolle von Interessengruppen im politischen System Deutschlands (Kapitel 5) sowie zu den „spezifischen institutionellen Gelegenheitsstrukturen“ (S. 45), in denen die komplexen Verteilungskämpfe stattfinden. Die Ergebnisse sind geeignet, eine Reihe von Fehleinschätzungen des politischen Prozesses zu korrigieren. Weder sei die Parteizugehörigkeit eines zuständigen Ministers für politische Ergebnisse entscheidend, noch sei „Politik auf ein Spielfeld mächtiger Lobbyisten“ (S. 106) zu reduzieren. Im deutschen politischen System mit seinen zahlreichen Vetopunkten beeinflussten stattdessen „institutionelle Arrangements und situative Faktoren die Durchsetzungsfähigkeit der Verbände“ (S. 106). Die Lektüre ist in dreifacher Hinsicht empfehlenswert: Zur raschen Information über eine komplexe klimapolitische Materie, zur Weiterbildung in Sachen Lobbyismus sowie zum Verständnis der Besonderheiten des deutschen politischen Systems.

Edda Müller

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