Publikationen
Rezension

Hans Herbert von Arnim (Hg.): Korruption und Korruptionsbekämpfung. Beiträge auf der 8. Speyerer Demokratietagung vom 27. und 28. Oktober 2005 an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

Berlin 2007. ISBN 978-3-428-12526-5.

„Es ist nicht genug“ - Diese Feststellung scheint die Frage aller Autoren in diesem Sammelband von Beiträgen zur Speyerer Demokratietagung nach den Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung, nach der Sinnhaftigkeit aufgestellter Regelwerke und nach dem individuellen mentalmoralischen Bildungsstand derjenigen Bürger, die an Korruption beteiligt sein könnten, zu beantworten. Wir haben Korruption, mitten in Deutschland. Dies stellen alle Autoren übereinstimmend und durchaus mit Erschrecken fest. Der Ruf Deutschlands leide, konstatiert der Rheinland-Pfälzische Korruptionsbeauftragte Deubel (S. 23) – er setzt vor allem auf Prävention durch Transparenz. Auf Prävention durch Installierung entsprechenden Regelwerkes bauen Maximilian Gaßner im Gesundheitsbereich und Wolfgang Maenning im Sportbereich. Beide Aufsätze ergeben einen gelungenen einführenden Überblick über (mögliche) korruptive Praktiken in den Bereichen Sport und Gesundheit. Jost Pietzcker erhellt sehr präzise die Möglichkeiten von Unternehmenshaftung und Transparenzgesetzen für die Korruptionsvermeidung. Gerade die beiden Bürger- Anliegen nach Datenschutz und nach mehr Transparenz, zu der die Informationsfreiheit gehört, bilden durchaus ein Spannungsfeld (S. 170). Wichtiger noch: Pietzcker weist darauf hin, dass ein hohes Maß an formal organisierter Öffentlichkeit durchaus zu einer Verringerung der tatsächlich möglichen öffentlichen Diskurse führen kann: „(…) wird Öffentlichkeit hergestellt, verlagert sich die wirkliche Diskussion und Entscheidungsfindung in informelle, ihrerseits nicht öffentlich tagende Zirkel“ ( S. 171).Dieser Punkt ist eine Randerscheinung in diesem Sammelband, scheint mir aber von der allergrößten Wichtigkeit zu sein.

 Das Verlassen der öffentlichen Räume durch die Protagonisten ist ja gerade der entscheidende Schritt zur Korruption, ein Schritt in die Schattenrepublik. Wir müssen verstehen, dass verinnerlichte (Charakter-) Bildung und moralische Grundsätze nicht allein über das Aufstellen der entsprechenden formalen Regeln zu erreichen sind. Öffentlicher Diskurs ist auch und vor allem eine freiheitliche Kategorie. Der Frage der Ausbildung bürgerlicher Tugenden widmet sich Christoph Böhr in seinem Beitrag Politik und Moral. Was ist das Ziel von Politik? Macht zu erringen? Beeinflussen und leiten zu können? Die eigenen Bedürfnisse nach Anerkennung und Geltung zu befriedigen? Oder sollen wir doch besser die Frage stellen, wer aus der Mitte der freien und vor dem Gesetz gleichen Bürger ein Amtbekleiden soll – und wer besser nicht? Genau: Die Anreize für tugendhaftes Verhalten in der Gesellschaft sollten stärker herausgearbeitet werden (S. 154). Amtsinhaber soll werden, wer das Wohl unserer Republik zum Ziel hat. Und in gewohnt pointierter Weise rundet der Herausgeber einige der angesprochenen Gedankengänge ab. Politiker solle nicht Diener zweier Herren sein. Ein auf sich selbst bezogener „Korpsgeist der Berufspolitiker“ hat „vermutlich enorme negative Auswirkungen auch auf die Bekämpfung von Korruption im Allgemeinen“ (S. 57).

So streift der facettenreiche Sammelband eine ganze Reihe von das Thema Korruption betreffenden Einzelaspekten, zumeist eher technische oder allgemeine Aspekte, ohne jedoch eine bestimmte Richtung konsequent zu forcieren. Aber dies scheint auch nicht die Absicht zu sein und so schenkt uns das Buch viel interessantes Hintergrundwissen vieler interessanter, versierter Menschen. Nicht genug, sicher, bedenkt man den weiteren Forschungsbedarf, aber sehr lesenwert, finde ich.

Imke Röhl

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