Publikationen
Rezension

Hartmut Volz und Thomas Rommerskirchen: Die Spur des Geldes. Der Fall des Hauses Siemens.

Aufbau Verlag: 2009. ISBN 978-3-351-02701-8. 223 Seiten 16,95 Euro

Wann schreibt man eine Chronik der Siemens-Korruptionsaffäre, wenn das Ende der Aufarbeitung dieses wohl größten Korruptionsskandals der deutschen Wirtschaftsgeschichte noch längst nicht absehbar ist? Hartmut Volz und Thomas Rommerskirchen haben sich durchaus nachvollziehbar dafür entschieden, Ende 2008 – nach den deutschen und US-amerikanischen Verbandsstrafen gegen den Siemens-Konzern – einen Schnitt zu machen und den „Fall des Hauses des Siemens“ zu portraitieren. Im Klappentext wird das Buch als ein „Wirtschaftskrimi“ präsentiert, „spannend wie ein Thriller“. Da ist etwas Wahres dran: Volz und Rommerskirchen beschreiben Aspekte aus dem Siemens-Korruptionskomplex nicht wie nüchterne Chronisten oder Wissenschaftler, sondern auf Spannung und Effekte bedacht wie Journalisten, die sie ja auch sind. Wer eine solche Lektüre wünscht, wird ausgezeichnet unterhalten.

Den Autoren gelingt es, einen roten Faden zu spinnen, der unterschiedliche korruptive Vorgänge und involvierte Personen verbindet. Einerseits ist diese Systematisierung vorteilhaft, denn in der Presse waren zeitlich versetzt ganz unterschiedliche Einzelheiten zu lesen, die von Außenstehenden mitunter nur schwer in einen Sinnzusammenhang gebracht werden können. Andererseits wird durch die allzu schlüssig wirkende Darstellung der Eindruck eines Unternehmens vermittelt, dessen Geschäftsgebaren – insbesondere im internationalen Geschäftsverkehr – seit Jahrzehnten durch und durch korrupt war. Obwohl die Zahlung von 1,3 Milliarden Euro Schmiergeldern in wenigen Jahren keinen Zweifel daran lässt, dass Siemensmitarbeiter in großem Stil in zahlreichen Ländern bestochen haben, so ist noch längst nicht klar, wieviel „System“ in der Großorganisation Siemens genau dahintersteckte, welche Geschäftsbereiche und Personen in welcher Form und mit welchem Hintergrund in die Bestechungsaktivitäten verwickelt waren. Volz und Rommerskirchen treten freilich nicht mit dem Anspruch an, hier ein differenziertes und abwägendes Urteil zu fällen, sie haben schließlich einen Wirtschaftskrimi verfasst, in dem es viel Schwarz und wenig Weiß gibt – und noch weniger Grautöne. So werden denn auch die internen Ermittlungen und Umstrukturierungen sowie verschärften Antikorruptionsmaßnahmen seit 2007 kaum behandelt, die Siemens mittlerweile zu einem Vorreiter in Sachen Compliance machen.

Trotz dieser Kritik ist das sorgfältig recherchierte Buch nachdrücklich jedem zu empfehlen, der sich für die Siemens-Korruptionsaffäre interessiert. Die Autoren haben eine Fülle von Informationen zusammengetragen und gut strukturiert. Manchmal wirkt das Buch zu weitschweifig, etwa wenn für die Korruptionsfälle relativ unwichtige Details aus den Leben der Herren Cromme, Kleinfeld, Löscher oder von Pierer ausgebreitet werden. Insgesamt ist das Buch jedoch informativ und die geäußerten Wertungen sind größtenteils nachvollziehbar. „Die Spur des Geldes“ möchte vor allem „spannende Unterhaltung“ liefern, und das ist den Autoren eindeutig gelungen. (Sebastian Wolf)

Sebastian Wolf

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers / der Verfasserin wieder.