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Rezension

Karl W. Rennstich: "Korruption und Religion"

Hampp, Mering 2005, 131 Seiten, 24,80 Euro

Korruption gedeiht im Dunkeln. Sie wird erst zum Skandal, wenn sie ans Licht kommt. Karl W. Rennstich richtet deshalb seinen Fokus darauf, was Korruption ist, woher sie kommt  und was sie bewirkt. Rennstich, Theologe und Pfarrer, erlebte Korruption als Vertrauensbruch.

Vertrauen und Glaube gehören für ihn eng zusammen. Er legt offen, dass das Wort corruptio in der alten Kirche und vor allem in den Bekenntnisschriften der Reformation der Begriff für Erbsünde war. Korruption ist ein schweres Vergehen gegen die Gemeinschaft und somit soziale Sünde. Sie wurzelt in der Gier, zerbricht das Herz des Menschen (lateinisch: cor-rumpere) und macht den Menschen skrupellos. Korruption ist Missbrauch anvertrauter Macht für private Zwecke und dies zu Lasten der Gemeinschaft. Sie ist somit einen Herausforderung für Gesellschaft und Kirche. Rennstich arbeitet in seinem Werk heraus, dass Korruption das zentrale Thema für die Sozial- und Wirtschaftsethik sowie für die christliche Anthropologie ist. Die Kirchen werden nach Rennstich ihrer „Wächterfunktion am Tor zum Bösen“ nicht gerecht.

Das Buch macht deutlich, dass Korruption im durch den Globalismus (nicht: Globalisierung, die nur die Prozesshaftigkeit beschreibt) geprägten dritten Jahrtausend zur „Geißel“ für die Menschheit geworden ist. „Sie beginnt in der Regel bei den Mächtigen und breitet sich dann über die mittleren Schichten aus, um schließlich krebsartig den ganzen Körper der Gesellschaft zu befallen.“ Die Geschichte gibt dem Autor recht: wo sich Korruption schrankenlos ausbreitet, stellt sich wirtschaftlicher und moralischer Ruin ein.

Karl W. Rennstich macht Mut, indem er historisch gelungene Modelle wie zum Beispiel die effektive Bekämpfung der Korruption in Singapur beschreibt und den Widerstand gegen dieses Übel kulturübergreifend in der menschlichen Geschichte darstellt.

Als profunder Kenner der großen Weltreligionen weist Rennstich systematisch nach, dass Korruption gegen die Grundwerte nach buddhistischem, jüdisch-christlichem, islamischen, hinduistischem und taoistischem Verständnis verstößt. Dies ist eine Perspektive, die auch globale Relevanz hat. „Korruption und Religion“ ist ein Buch, das die zerstörerische Gefahr von Korruption deutlich aufzeigt und ethische Gemeinsamkeiten im Kampf gegen Korruption in einer globalisierten Welt ausweist.

(Gert Scheermaier)

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