Publikationen
Rezension

Kerstin Plehwe (Hrsg.): Endstation Misstrauen? – Einsichten und Aussichten für Politik und Gesellschaft

Helios Media 2006. ISBN 3-9811316-1-4. 304 Seiten, 29,90 Euro

„Die da oben, die machen doch was sie wollen.“ Fast schon synonym steht dieser Satz für das wachsende Misstrauen der Bürger gegenüber der Politik. Eine Folge dessen ist, dass die Bürger das Vertrauen in die Politik verlieren und sich von ihr abwenden.

In der Einleitung des von Kerstin Plehwe herausgegebenen Buches betont die Vorsitzende der Initiative ProDialog, dass die große Herausforderung unserer Gesellschaft darin liege, das verloren gegangene Vertrauen zwischen Bürgern und Politik bzw. Politikern wieder herzustellen. Es sei – so hält die Herausgeberin fest – eine schwierige Aufgabe, aber sie sei nicht unlösbar, denn Bereitschaft dazu bestehe sowohl auf Seiten der Bürger als auch auf Seiten der Politiker. Diesen wird zunehmend bewusst, dass eine so verantwortungsvolle Aufgabe wie die Gestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft Vertrauen in die Politik voraussetzt. Als geeignetes Mittel um eben dieses notwendige Vertrauen (wieder) aufzubauen, bietet sich laut Kerstin Plehwe der Dialog zwischen Politik und Literatur Zivilgesellschaft an. Selbstgestecktes Ziel des Buches ist es daher, Anregungen für einen solchen Dialog zu liefern.

In zwanzig Beiträgen von Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft werden unterschiedliche Einsichten in die Gesellschaft und Vorstellungen darüber, wie Dialog und Vertrauen geschaffen werden können, dargelegt. Zu diesen zählt auch der Artikel von Dr. Hansjörg Elshorst. Unter dem Titel „Korruption – Der Staat ist besser als sein Ruf“ macht der Vorsitzende von Transparency International Deutschland deutlich, dass in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch Parteien und Politiker als am meisten in Korruption verstrickt gelten. Dennoch zeige sich in den letzen Jahren, dass in Zukunft die Anstrengungen im Kampf gegen Korruption besonders im privaten Sektor ausgeweitet werden müssen. Viele der Autoren, etwa aus der Zivilgesellschaft, wie Christian Arns (Studienleiter bei der PolitikAkademie) oder aus der Wirtschaft, wie der Leiter des Public Affairs-Bereiches bei der Dresdner Bank, Dr. Hartmut Knüppel, rücken die Bedeutung von Kommunikation und Dialog in den Mittelpunkt ihrer Beiträge.

Im Rahmen der sechs Beiträge aktiver Politiker wird ein verändertes Verständnis von Staat und staatlichen Aufgaben deutlich. Die Politiker unterschiedlichster Couleur – darunter neben Peter Müller (CDU) und Steffi Lemke von den Bündnisgrünen auch der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Die Linke, Gregor Gysi – betonen, dass die Ursachen der Entfremdung zwischen Bürgern und Politik in zwei Feldern zu suchen sind. Zum einen in der fehlenden Fähigkeit der Politiker, anstehende Probleme und politische Sachverhalte erklären zu können, und zum anderen darin, dass den Bürgern von Seiten des Staates viel zu lange eine absolute Sicherheit versprochen wurde, was der Staat gar nicht in der Lage ist einzulösen. Besonders diese Erkenntnis und die Tatsache, dass immer noch versucht wird, diesen Umstand zu leugnen, hat zu erheblichen Vertrauensverlusten geführt.

Im dritten Abschnitt kommen unter der Überschrift „Wege aus der Misstrauensfalle“ schließlich erneut eine Reihe von Autoren aus dem zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Sektor zu Wort. Hier fällt immer wieder das Schlagwort der „aktiven Bürgergesellschaft“. So spricht sich unter anderem Dr. Michael Efler, Vorstandsmitglied des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“ für die Einführung direkter demokratischer Elemente in der Bundespolitik aus. Gerade in diesem Teil des Buches wird der Grundtenor aller Beiträge nochmals deutlich: Der Wille der Bevölkerung sich an der Politik aktiv zu beteiligen, muss berücksichtigt und gestärkt werden.

Für die Politik birgt das eine große Herausforderung. Immerhin hat die Zahl der Parteibindungen in den letzen Jahren nachweislich abgenommen. Die Bürger haben sich neue Wege der politischen Beteiligung gesucht. Dass sich Politiker und alle an der Politik maßgeblich Beteiligten darüber klar werden, ist ein erster Schritt, der in diesem Buch pointiert zusammengefasst wird. Konkrete Methoden und Wege zu mehr Bürgerbeteiligung werden sich in den nächsten Jahren finden und umsetzen lassen müssen.

Anja Schöne

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