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Rezension

Klaus Leisinger: Whistleblowing und Corporate Reputation Management

Rainer Hampp Verlag 2003 (Schriftenreihe für Wirtschafts- und Unternehmensethik – sfwu Band 6). ISBN 3-8798-8731-4. 341 Seiten, 29,90 Euro

Es gehört schon eine Menge Lust zum Polarisieren dazu, ein wirtschaftsethisches Buch mit einem Zitat des Chairman von Goldman Sachs, der wohl gegenwärtig erfolgreichsten Investmentbank der Welt, zu beginnen. Henry M. Paulson Jr. hat gesagt: „I cannot think of a time when business overall has been held in less repute!“

Es sind vor allem Fakten aus zahlreichen Studien – insbesondere aus Amerika – die von Klaus Leisinger gleich in einer sehr dynamischen Einleitung vorgelegt werden. Noch vor dem Börsencrash nach den Skandalen um Enron und Worldcom im Jahre 2001 stellten Studien Ende der 1990er Jahre fest, dass 90% aller Whistleblower entweder ihren Job verloren oder mindestens degradiert wurden. Dabei waren es nie „Profilneurotiker“ oder „Verräter“, wie die Gegner des Whistleblowerschutzes immer gerne behaupten. Leisinger belegt die Aussagen der Studien wie seine eigenen Schlussfolgerungen mit einer Reihe von sehr anschaulichen Fällen auf immerhin 20% der über 300 Seiten des Buches. Genau das gibt dem Buch Spannung und sorgt für Freude am Lesen. Es hebt sich damit wohltuend ab von vielen anderen Büchern aus dem Bereich Wirtschafts- und Unternehmensethik in unserem Lande.

Das große Verdienst des Buches ist, die Legitimität des Whistleblowers im beruflichen Alltag nachzuweisen. Leisinger steigt dabei in eine gründliche Analyse der „individuellen Voraussetzungen für konstruktives Dissensmanagement“ ein. Für ihn ist Whistleblowing das Ergebnis einer gescheiterten „Moralität des Unternehmens“. Die beste Vorkehrung gegen die Notwendigkeit von Whistleblowing ist folglich „die Prävention von illegitimen kollektiven und individuellen Handlungen“.

Es ist nur konsequent, dass Leisinger dann konkret seine „Unternehmensethik und Managerethik“ entwickelt, die in eine offene und faire Unternehmenskultur eingebunden sein muss. Genau das ist auch die wesentliche Forderung von TI, wenn Korruptionsprävention effizient sein soll.

Besonders spannend ist dann - vor diesem unternehmensethischen Hintergrund - die muntere Auseinandersetzung mit „kritischen Anspruchsgruppen“ und deren moralischen Forderungen an Unternehmen in einem Tagesgeschäft voller Konflikte und Dilemmata. Sehr konkret werden die Hinweise von Leisinger, wenn es darum geht, Reputationsrisiken aus Whistleblowing zu beherrschen. Dort spielt Leisinger seine ganze Erfahrung als ehemaliger Manager von Novartis und seit Jahren als Präsident und Geschäftsführer der Novartis Stiftung für Nachhaltige Entwicklung aus.

Seit 2005 ist Klaus M. Leisinger übrigens persönlicher Berater von UNO-Generalsekretär Kofi Annan in Sachen „Global Compact“.

Caspar von Hauenschild

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