Publikationen
Rezension

Liberti, Stefano: "Landraub – Reisen ins Reich des neuen Kolonialismus"

Berlin: Rotbuch Verlag, 2012, ISBN 978-3-86789-155-4, 254 Seiten, 19,95 Euro.

Seit einigen Jahren lässt sich auf der Südhalbkugel eine neue Form von Kolonialismus beobachten. Es geht um den Kauf oder die langfristige Pacht fruchtbarer Ackerböden vor allem in Afrika, aber auch in Asien und Südamerika. Stefano Liberti beschreibt in seinem Buch „das neue Betätigungsfeld von Abenteurern und Geschäftsleuten, von Staaten, die die Versorgung ihrer Bürger mit Nahrungsmitteln sicherstellen wollen, und von Finanziers, die nach Möglichkeiten suchen, ihre Profite zu vervielfachen“ (S. 9).
Liberti ist Journalist, er nutzt die Form der Reportage, um seine Leser mit der Problematik des aktuellen „Landraubs“ zu konfrontieren. Das Buch umfasst sechs spannende Reportagen, die jeweils schwerpunktartig typische Erscheinungsformen des aktuellen Geschehens rund um das Thema „Landraub“ beschreiben. Im Kapitel 1 wird am Beispiel Äthiopiens  das „Eldorado der Investoren“ aus der Sicht des Landes sowie der Investoren geschildert. Kapitel 2 illustriert am Beispiel Saudi-Arabiens die „Eroberung der Ackerflächen“ durch reiche Wüstenstaaten. Den finanziellen Mechanismen des Agroinvestments widmen sich Kapitel 3: „Genf – die Finanziers der bestellten Flächen“ sowie Kapitel 4: „Chicago – Die Hunger-Börse“. Die Kapitel 5: „Brasilien – Die Herrschaft der Agrokonzerne“ sowie 6: „Tansania – Die Grenze der Biotreibstoffe“ behandeln zum einen das Zusammenspiel von Großgrundbesitzern und multinationalen Konzernen am Beispiel der Soja-und Äthanol-Produktion in Brasilien sowie die Problematik der Umwidmung von Agrarflächen für die Energiepflanzenproduktion in Tansania. Lesenswert sind hier im Zusammenhang mit unserem Thema „Korruption und Klimapolitik“ die Ausführungen zu den Praktiken des Emissionsrechtehandels im Rahmen des Clean Development Mechanismus (S. 228 ff.).
Ich kann das Buch von Stefano Liberti wärmstens empfehlen. Es garantiert eine spannende und informative Lektüre. Zu wünschen ist dem Autor eine engagierte Leserschaft, die dafür sorgt, dass das Thema „Landraub“ auf die politische Agenda kommt. In den USA wurden im letzten Jahr verbindliche Regeln für die Offenlegung der Zahlungen an Regierungen im Bereich der Rohstoffgewinnung verabschiedet. Eine entsprechende Regelung wird derzeit in der Europäischen Union verhandelt. Beide Initiativen können dazu beitragen, die verbreitete Korruption in rohstoffreichen Ländern einzudämmen. Was fehlt ist eine Einbeziehung der Ressource Boden. Nicht zuletzt mit der von Transparency Deutschland initiierten und auf der letzten Mitgliederversammlung von Transparency International verabschiedeten Resolution zur Rohstofftransparenz treten wir für eine Ausweitung der Transparenzregelungen im Rohstoffgeschäft auf den Landkauf und die Landpacht ein. Das Buch von Stefano Liberti ist für die Durchsetzung unserer Forderung hilfreich.  

Edda Müller

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