Publikationen
Rezension

Maresa Mertel: Drittmitteleinwerbung zwischen Kooperation und Korruption

Deutscher Hochschulverband: 2009. ISBN 978-3-924066-90-1. 253 Seiten. 31,00 Euro (27,00 Euro für Mitglieder)

Die deutsche Hochschullandschaft des 21. Jahrhunderts würde von Humboldt gewiss nicht wiedererkannt werden. Unter dem Signum der „unternehmerischen Hochschule“ fremdelt die Idee von der Einsamkeit und Freiheit des Wissenschaftlers merklich und dies hat vielfältige Ursachen. Mag es die internationale Arbeitsteilung, mögen es die notorisch knappen Mittel der öffentlichen Hand (wir sind im Jahre 2009) sein: Forschung wird mehr und mehr, auch an Hochschulen, aus privaten Mitteln gespeist.
Maresa Mertel hat sich in ihrer in Bayreuth vorgelegten, von Nikolaus Bosch betreuten Dissertation die Mühe gemacht, die Einwerbung von Drittmitteln auf den juristischen (hier: strafrechtlichen) Prüfstand zu stellen. Die Arbeit erfährt dabei zusätzliche Aufmerksamkeit durch ihre Aufnahme in die Schriftenreihe des Deutschen Hochschulverbandes. Einleitend dienen die diversen „Herzklappenskandale“ der Autorin dazu, den Weg über spezialgesetzliche Neuregelungen mit einer Skepsis zu belegen, die sie mit fehlender Praktikabilität begründet. Nach einer Reihe notwendiger Begriffsklärungen (Drittmittel, Sponsoring, „Bonuskonten“ und ähnliche) problematisiert die Verfasserin den unscharfen Begriff der Korruption vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Gesetzeslage. Sie legt – nicht ganz neu, aber in der Abfolge ihrer Beschreibung unerlässlich – die begriffliche Schärfe einzelner Tatbestandteile (insbesondere der Unrechtsvereinbarung) dar, macht aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass der populärsprachliche Begriff Korruption ein bestenfalls unscharfes strafrechtliches Profil mit umstrittenen Grenzen aufweist.
Im zweiten Teil ihrer Arbeit legt die Autorin einen rechtsgestaltenden Ansatz zugrunde. Nach allgemeinen Überlegungen zur Privatisierung, den Vorzügen und Nachteilen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Gestaltungsformen konturiert sie auf eindrückliche Weise die Gestaltungsformen, in denen Hochschulen als Gründer auftreten beziehungsweise sich an entsprechenden Gründungen beteiligen können. Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit der Situation kommunaler Gebietskörperschaften werden stringent dargestellt.
Als Fazit der Arbeit lässt sich festhalten, dass zum einen die Trennlinie zwischen erwünschter Kooperation und strafrechtlich relevanter Korruption schwierig zu bestimmen ist und dass andererseits diese rote Linie im Einzelfall schneller überschritten ist als die Mehrzahl der Akteure dies vermutet.
Hochschulen im 21. Jahrhundert sind nicht mehr das Elysium einer scheinbar von niederen Zwecken befreiten, vor sich hin philosophierenden Gelehrtenrepublik, sondern am ehesten mit einem juristischen Minenfeld vergleichbar. Für Transparency International eröffnet sich ein ergiebiges, wenn auch äußerst vertracktes Arbeitsfeld.
(Gerhard Guldner)