Publikationen
Rezension

Markus Gaugler: Bundestagsabgeordnete zwischen Mandat und Aufsichtsrat – Hintergründe und Status quo der Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft

Verlag Dr. Müller 2006, ISBN 3- 86550-345-4. 172 Seiten., € 49,00

Die Verbindung von Politik und Wirtschaft ist häufig Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Diese zeigen sich immer wieder in der Kritik an den Nebentätigkeiten von Abgeordneten. Prominente Beispiele hierfür sind die Debatten um die unzähligen Tätigkeiten von Friedrich Merz sowie die Arbeit Gerhard Schröders für die Nordeuropäische Gas-Pipeline-Gesellschaft, an der neben Gazprom auch E.on und BASF beteiligt sind. Diese Diskussionen nimmt Markus Gaugler zum Anlass für eine wissenschaftliche Untersuchung von Motiven und Anzahl der Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft. Zu diesem Zweck beleuchtet er die Tätigkeiten von Abgeordneten in Vorständen, Aufsichtsräten und Beiräten in Unternehmen zusätzlich zu ihrem Mandat als Abgeordnete. Damit wird die Untersuchung auf Nebentätigkeiten begrenzt, die nach der Geschäftsordnung des Bundestages während des Untersuchungszeitraums anzeigepflichtig waren. Zunächst wird ausführlich dargestellt, welche Motive Unternehmen und Abgeordnete für den Aufbau von personellen Verbindungen haben können. Dazu gehört neben Prestigegründen unter anderem auch die Einflussnahme und Bestechung. Anschließend benennt Gaugler Beschränkungen, die sich für Abgeordnete bei der Aufnahme von Nebentätigkeiten ergeben. In seiner Auswertung der Beziehungen zwischen Bundestagsabgeordneten und Wirtschaft in den fünf Legislaturperioden von 1987 bis 2005 (11. bis 15. Legislaturperiode) konnte Gaugler eine beträchtliche Anzahl von Verbindungen ausmachen. Durchschnittlich ein Viertel aller Abgeordneten des Bundestages waren als Mitglieder in Vorständen, Aufsichtsräten oder Beiräten mindestens eines Unternehmens tätig.

Kaum überraschen dürfte dabei, dass die Zahl der Abgeordneten mit Nebentätigkeiten unter den Abgeordneten von CDU/CSU und FDP besonders hoch ist; erstaunlicher mag es hingegen anmuten, dass auch unter den Bundestagsabgeordneten von Bündnis90/ Die Grünen die Anzahl der Nebentätigkeiten seit der 13. Legislaturperiode deutlich zugenommen hat. Als entscheidenden Beweggrund für die Übernahme von Nebentätigkeiten macht Gaugler schließlich die Gewinnung von Prestige aus. Dass durch Nebentätigkeiten auch Einflussnahme in Form von Bestechung erfolgt, könne laut Gaugler zwar nie ausgeschlossen werden, sei aber abgesehen von Einzelfällen empirisch kaum bzw. nur schwer nachweisbar. Wer an einer Analyse einzelner Fälle von Nebentätigkeiten, wie sie in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind, interessiert ist, dem sei das tägliche intensive Zeitungsstudium empfohlen. Gaugler geht es in seinem Buch nicht darum, einzelne Fälle plakativ herauszustellen. Sein Anliegen ist es, die Hintergründe der – durch neue Fälle immer wieder aktualisierten – Debatte zu beleuchten und damit einen besseren Einblick in das komplexe Themenfeld der Nebentätigkeiten von Abgeordneten zu geben. Hier und in der detaillierten Untersuchung liegt der Wert des Buches.

Anja Schöne

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers / der Verfasserin wieder.