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Rezension

Nicholas Shaxson: Treasure Islands - Tax Havens and the men who stole the world.

The Bodleay Head, London 2011, 329 S., 14,99 GPB

Treasure Islands erscheint in der deutschen Ausgabe etwa zeitgleich mit dem Scheinwerfer. In England war es über etliche Monate hin das meistverkaufte Sachbuch. Wahrscheinlich auch das wichtigste. Das Buch geht weit über den Titel hinaus. Natürlich beschreibt es auch, wie und warum die Nachfahren der Seeräuber in den modernen Schatzinseln Schätze in der Größenordnung von 15.000 Milliarden US-Dollar anhäufen konnten, nicht gerechnet die Versuche, als Alternative zur Kapitalflucht große Unternehmen und die Reichen zu Hause steuerlich zu entlasten. Steueroasen sind das Gegenkonzept zur Transparenz, die für Staat und Marktwirtschaft vital sind, sie sind machtvolle Druckmittel und letzte Bastion zum Unterlaufen von Regulierungen des Finanzwesens, Wegbereiter für den zunehmenden politischen Einfluss insbesondere der Großbanken. Verglichen etwa mit dem Stellenwert, der inzwischen der Korruption zugemessen wird, wird der Schaden durch Steueroasen wenig verstanden und völlig unterbewertet.

In Form einer dezidiert spannenden Lektüre bietet das Buchhistorische Herleitungen von wichtigen Komponenten des Systems an. So verfolgt man, wie die City, ein Quadratkilometer mitten in London, zum wichtigsten Zentrum auch der offshore Finanzwelt wurde, verbunden mit einem Spinnennetz von besonders aggressiv agierenden Inseln, Restbeständen des Imperiums des empire. Unter Nutzung der föderalen Struktur machten Wallstreet-Banken Delaware zum politischen Rammbock, um mit der City gleichziehen zu können. Die Behandlung der dies tragenden Ideologie zeigt, dass schon Keynes dafür kämpfte, die absehbaren Folgen zu vermeiden.

Das Buch handelt nicht von der jüngsten Finanzkrise, beschreibt aber gut verständlich die Gründe, warum es zu der zunehmenden Zahl von Krisen und der ruinösen Verschärfung der letzten und nächsten Krise kam. Während der Großteil der fachlichen Berater der EU aus den zu reformierenden Finanzinstitutionen kommen, zeigt der Autor in zehn Vorschlägen auf, dass es auch andere Wege gibt. Das Buch schöpft aus jahrzehntelanger Tätigkeit des Autors in renommierten Medien und als Researcher. Ich schätze seine fachliche Kompetenz seit Jahren aus gemeinsamer Arbeit in der internationalen Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network.

Hansjörg Elshorst

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers / der Verfasserin wieder.

Die deutsche Übersetzung des Buches ist Ende September 2011 erschienen.
Nicholas Shaxson: Schatzinseln. Wie Steueroasen die Demokratie untergraben. Zürich: Rotpunktverlag 2011. ISBN 978-3-85869-460-7. 416 Seiten. 24,50 Euro.