Publikationen
Rezension

Reuter, Peter (Hg.): Draining Development? Controlling Illicit Funds from Developing Countries.

The World Bank, Washington 2012, 548 Seiten

Die Gemeinschaft reicher Staaten hat 2002 (Monterrey) einen „deutlichen Aufwuchs“ von Mitteln der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) zugesagt. Tatsächlich gab es einen Anstieg von 58 Milliarden US-Dollar im Jahre 2000 auf 125 Milliarden US-Dollar im Jahre 2010 – wobei Konsens herrscht, dass damit die Zusage von Monterrey nicht erfüllt ist. Die Industriestaaten haben zudem im Klimakontext weitere 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zugesagt, ab 2020. Wo das alles herkommen soll? Kein Kommentar!

Vor diesem Hintergrund wurde die Entwicklungsszene ‚aufgeweckt’ durch Zahlen, die zivilgesellschaftliche Gruppen einer anderen Szene eruiert hatten. Die sorgen sich um die „Globale Integrität des Finanzwesens“ bzw. um „Globale Steuergerechtigkeit“. Da heraus wurden im Jahre 2005 zwei breit angelegte Untersuchungen publiziert, die den Umfang grenzüberschreitender Flüsse schmutzigen Geldes abschätzten.Nebenergebnis war eine differenzierte Schätzung des Flusses solcherart Gelder aus Entwicklungsländern in Industriestaaten. Das Ergebnis: Dem Zufluss an Entwicklungshilfemitteln in Höhe von 125 Milliarden US-Dollar jährlich steht ein Abfluss in der Größenordnung von 500 bis 800 Milliarden US-Dollar jährlich gegenüber! Nichts lag näher, als zu fragen: Kann durch Austrocknen dieses Abflusses leichter etwas für das Wohl der Entwicklungsländer getan werden als durch Aufstockung der ODA-Mittel?

Diese ökonomische Fundamentalfrage wurde in seriöser Weise gestellt und einer Klärung zugeführt – davon handelt das Buch. Das verdankt die Weltgemeinschaft der Initiative von Norwegens Außenministerium, welches die Weltbank bat, zu „illicit (money) flows“ Forschungen vorzunehmen. Die Weltbank ihrerseits beauftragte Peter Reuter, Professor in der School of Public Affairs und im Department of Criminology an der University of Maryland. Reuter ist Ökonom mit breiter Consulting-Erfahrung, der es versteht, an der Schnittstelle von legaler Wirtschaft und Verbrechen seriös zu forschen.

Im Rahmen des Projekts wurde eine wissenschaftliche Konferenz durchgeführt, deren Beiträge nach einem intensiven Review-Verfahren in diesem Buch zusammengeführt wurden. Das Ergebnis dieser Anstrengungen ist, wie der Herausgeber betont, „the first collection of analytic contributions, as opposed to advocacy essays and black box estimates on illicit financial flows“. Das umfassende Reviewing hat auch dazu geführt, dass die Beiträge lesbar, das heißt präzise und verständlich geschrieben sind. Das Buch ist wissenschaftlich im besten Sinne.

(Hans-Jochen Luhmann)

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers / der Verfasserin wieder.