Publikationen
Rezension

Roger Odenthal: "Korruption und Mitarbeiterkriminalität. Wirtschaftskriminalität vorbeugen, erkennen und aufdecken"

Wiesbaden: Gabler Verlag 2009. ISBN 978–3–8349–1385–2. 304 Seiten. 54,90 Euro.

Das Buch erschien erstmals 2005 unter dem Titel „Kriminalität am Arbeitsplatz“. Die noch reichhaltigere zweite Auflage bietet ein wahres Pharaonengrab an Informationen, Hinweisen, Anleitungen und Beispielen zur Prävention, Erkennung und Aufdeckung von Mitarbeiterdelikten. Besonders überzeugt der stets enge Bezug zur Praxis. Abgedeckt ist das volle Spektrum krimineller Möglichkeiten, mittels derer Unternehmen durch Innentäter geschädigt werden, oft auch in Verbindung mit Korruption. Ob Mitarbeiterkriminalität voll deckungsgleich ist mit Wirtschaftskriminalität, mag allerdings dahingestellt bleiben. Der Autor ist sich dieser Frage bewusst (Seite 12).
Das Buch enthält
- eine systematische Phänomenbeschreibung zur Mitarbeiterkriminalität
- ein breites Spektrum an Präventionsansätzen bei den Einflussfaktoren „Mensch“ und „Gelegenheit“
- die Elemente einer im Unternehmen vorzubereitenden „Notfallstrategie“
- einen reichhaltigen Werkzeugkasten für praktisch alle Prüfanlässe; wobei moderne IT-gestützte Werkzeuge und der Computer als Arbeits- und Tatmittel einen breiten Raum einnehmen
- eine umfassende Arbeitsanleitung zum Ablauf interner Untersuchungen, zu Untersuchungstechniken und zu möglichen juristischen Fragen
- eine Fülle praktischer und psychologischer Hinweise zur Befragung von Verdächtigen
- Empfehlungen zum Abschlussbericht nebst Dokumentation
- Verhaltenstipps „Vor Staatsanwaltschaft und Gericht“.
Hervorzuheben ist auch der hoch informative Anhang, unter anderem mit vier Fallstudien, differenzierten Checklisten, IT-Werkzeugen und einschlägigen Gesetzestexten. Das Buch ist für Fachleute geschrieben. Daher überrascht es, wenn die zentralen Fachtermini Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Untreue zwar einmal juristisch erläutert (Seite 80ff.), ansonsten aber offenbar wahllos benutzt werden („…Betrüger, die gezielt nach Möglichkeiten für einen Diebstahl forschen“, Seite 55). Abgesehen davon, ob eine gewollt „umgangssprachliche Verwendung dieser Begriffe“ (Seite 80) in solch einem Buch überhaupt angebracht ist, ist die insoweit tatsächlich anzutreffende semantische Beliebigkeit auch für Nichtjuristen irritierend.
Aktuelle Fälle und rechtspolitische Diskussionen vor dem Hintergrund möglicher Zielkonflikte mit dem Arbeitnehmerdatenschutz speziell bei verdachtsunabhängigen Überprüfungen sollten ernster genommen werden. Der lapidare Hinweis auf einen „Zeitgeist“, auf den nur „begrenzte Rücksicht“ genommen werden könne (Seite 166), reicht nicht. Die Nutzung der im Buch verdienstvoll ausgebreiteten Fundgrube kann nämlich auch zu einer  Gratwanderung für das Unternehmen werden.

Johann Kubica

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