Publikationen
Rezension

Roth, Jürgen: "Gazprom – Das unheimliche Imperium, Wie wir Verbraucher betrogen und Staaten erpresst werden"

Frankfurt/Main: Westend Verlag GmbH, 2012, ISBN 978-3-86489-000-0, 316 Seiten, 19,99 Euro.

Der Autor und Journalist Jürgen Roth legt sich diesmal mit einem der weltweit mächtigsten Energiekonzerne an – dem russischen Energieunternehmen Gazprom mit seinen 400.000 Mitarbeitern, weitreichenden Verflechtungen in die Politik und vielen, für den Konzern nützlichen, Unternehmensanteilen und Tochtergesellschaften. Der staatlich kontrollierte Energieriese verdoppelte laut dem Handelsblatt im dritten Quartal 2012 seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und deckt momentan etwa ein Drittel des europäischen Gasbedarfs. Roth durchleuchtet in seinem Buch die Machen- und Seilschaften von Gazprom und untermauert seine Thesen mit einer Reihe von ausführlichen Fallbeispielen, die belegen sollen, wie das System Putin wiederum direkt aus den Methoden des Konzerns profitiert. Der Kreml nutzt, der Argumentation Roths lautend, den Rohstoffreichtum seines Landes und die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland aus, manipuliert politische Entscheidungen und setzt, ganz nach dem Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“, seine politischen Interessen durch. Roth beschreibt, wie Milliarden von Gazprom ins Ausland verschoben werden und sich private Vermögen von Vertretern aus Politik und Verwaltung stillschweigend vermehren. Er zeigt Verbindungen zu mafiösen Strukturen auf und stellt dar, wie westliche Regierungen, Banken und Konzerne das System Putin stützen. In Politik und Wirtschaft sind nach Roths Fazit ethische Grundsätze bedeutungslos. Auch wie der Konzern um Sympathie wirbt und andererseits mit Kritikern umgeht, wird in verschiedenen Kapiteln untersucht. Roth schildert, wie massive Imagepflege durch Sponsoring und Kampagnen betrieben und gleichzeitig massiv Druck, beispielsweise auf kritische Medien, ausgeübt wird. Immer wieder verweist Jürgen Roth auf konkrete Verstrickungen in Deutschland, wie beispielsweise anhand des Unternehmens Nord Stream, das verantwortlich für die Erdgaspipeline durch die Ostsee ist und an dem Gazprom zu 51 Prozent beteiligt ist. Auch wenn einem viele Fälle des Buches aus den Medien bekannt vorkommen, hat Jürgen Roth es geschafft, die tatsächliche Dimension des „unheimlichen Imperiums Gazprom“ detailliert aufzuarbeiten. Das Buch liest sich spannend, auch wenn Roth an mancher Stelle auf die polemische, thesenlastige Argumentation hätte verzichten können. Der  Aneinanderreihung einer Fülle von Fallbeispielen hätte eine gelegentliche Zusammenfassung gut getan. Zudem wird der ein oder andere Leser enttäuscht sein, dass die Beispiele oft nur angedeutet werden, da Belege fehlen, um die Fälle in ihrer ganzen Dimension darzustellen.

Sylvia Stützer

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