Publikationen
Rezension

Sabine Eckhardt: Politiker-Compliance als Zielgröße des Lobbying

Wiesbaden: Gabler 2011, ISBN 978-3-8349-3170-2, 190 Seiten. 49,80 Euro

Konzeptualisierung, Messung und Determinanten“ Worauf muss der Lobbyist bei seinem Kontakt zum Politiker achten, damit dieser das Anliegen nicht nur versteht, sondern als das seine übernimmt, beim Nachdenken darüber sich zuallererst wieder mit ihm berät und es als sein eigenes nicht nur den Kollegen innerhalb und außerhalb seiner Fraktion, sondern auch den Bürgern „draußen im Lande“ weiter empfiehlt? Diese in der politischen Praxis sicher nicht ganz neue Fragestellung hat eine in diversen Marketingsparten tätige Managerin zum Thema ihrer Dissertation gemacht. Compliance ist hier nicht mit Beachtung von Vorschriften und Integritätsstandards in Verbindung zu bringen, wie wir es aus der Sicht von Transparency gewohnt sind. Politiker-Compliance wird vielmehr definiert als „Verhalten des Politikers zugunsten der Interessengruppe. Dies beinhaltet die Berücksichtigung ihrer Anliegen und Informationen im politischen Entscheidungsprozess“ (S.22). Die so definierte Politiker Compliance wird als multifaktorielles Konstrukt entwickelt. Sodann werden 16 Hypothesen zu erfolgreichen Taktiken des Lobbying formuliert und tief in den Baukasten sozialwissenschaftlicher und entscheidungstheoretischer Testverfahren gegriffen, um diese zu überprüfen und (sic!) überwiegend zu bestätigen. Ausdrücklich ausgeschlossen von den Betrachtungen – hier hätte die Studie für Transparency interessant werden können – wird durch eine Fußnote ohne weitere Begründung die Taktik, Belohnungen zu versprechen (S.77). Als Testmaterial dient eine schriftliche Befragung unter Parlamentariern von Bund, Ländern- und Kommunen (770 verwertete Rückläufer). Unser Weltbild müssen wir nach Lektüre der Arbeit nicht neu justieren, denn die meisten bestätigten Zusammenhänge – dass zum Beispiel sachbezogene Informationen, ihre gute Vermittlung und die Betonung von Gemeinsamkeiten das Vertrauen stärken und Vertrauen wiederum maßgeblich die Compliance im oben angegebenen Sinne erhöht – dürften auch dem Laien schon vorher klar gewesen sein. Die Autorin allerdings lobt den erheblichen Erkenntnisgewinn ihrer Studie und fasst am Schluss die Implikationen (S. 156 ff.) in leicht verständlicher Form quasi als Handlungsanleitung zur erfolgreichen Politikerbeeinflussung zusammen. Um nicht zu einseitig zu erscheinen, gibt sie auch dem Politiker auf der letzten halben Seite einige Hinweise, wobei sie hier zum einzigen Mal das Wort Transparenz gebraucht: dem Politiker soll durch die Lektüre die Wirkung der Kommunikationstaktiken eines Lobbyisten transparent werden. Für Politiker, die bisher noch nicht wussten, worum es den Lobbyisten geht und wie Interessen geleitete Kommunikation funktioniert, mag die Lektüre der Schlussbetrachtung von Interesse sein. Im Übrigen dürfte das Buch seine Leser allenfalls im Kreis der Marketingforscher finden.

Frank Janotta-Simons

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