Publikationen
Rezension

Thomas Kistner: FIFA Mafia. Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball

Droemer Verlag, München, 2012, ISBN 9783-426-27586-3, 432 Seiten, 19,99 Euro

Wer seit Jahren die kritische Berichterstattung über den Weltfußball-Verband FIFA verfolgt, kann eigentlich nicht überrascht sein vom Inhalt dieses Buchs. Dennoch raubt es selbst dem aufgeklärten und dadurch sich abgebrüht geglaubten Leser an manchen Stellen fast den Atem. Thomas Kistner, Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung, arbeitet die Ära des Joseph S. Blatter bei der FIFA auf und in dieser geballten Masse bekommen die Ungeheuerlichkeiten noch einmal ein ganz anderes Gewicht, als wenn man in der Tageszeitung immer wieder Artikel über einzelne Verfehlungen und Affären liest. Mittlerweile gibt es genügend gerichtsfeste Fakten über die Machenschaften, zum Beispiel im Fall des längst in Konkurs gegangenen Sportrechtehändlers ISL. Blatter jedoch sitzt nach wie vor fest im Sattel seiner FIFA, die er seit 1998 als Präsident führt und der er davor viele Jahre als Generalsekretär diente. Kistner beschreibt auf vielen Seiten das Herauswinden des Schweizers aus allen noch so unentrinnbar wirkenden Schwierigkeiten. Dabei geht es um nicht weniger als um Misswirtschaft, Korruption und Bestechung, was der Autor sorgfältig Fall für Fall auflistet. Kritische Geister aus der „Familie“, wie Blatter seinen Verband gerne nennt, wagen sich immer nur vorübergehend aus der Deckung, meist so lange, bis es um ihre eigenen Interessen geht. Denn sie werden postwendend vom Herrn des Fußballs abgestraft, sei es durch den Entzug wichtiger Kommissions-Ämter oder dem Verlust der Mehrheit bei der Vergabe einer Fußball-WM. Bei seinen Getreuen gibt sich Blatter als Gönner – reichhaltige finanzielle Gaben schaffen vor allem bei kleinen Verbänden langjährige Dankbarkeit.Das Buch ist ein Lehrstück über das Beziehungsgeflecht des Sports, das selbst vor der großen Politik und dem staatlichen Recht nicht Halt macht. „Die Anbiederung der Mächtigenan die FIFA ist unauflöslich“ schreibt der Autor auf Seite 173. Explizit würdigt er hingegen die Haltung von Transparency International. Um Mitwirkung in der Aufarbeitung der aktuellen Korruptionskrise gebeten, hat Transparency der FIFA eine Absage erteilt. Als klar war, dass die FIFA ihre Governance-Kommission nach eigenem Gutdünken zusammenstellt und keinesfalls daran denkt, die Sünden der Vergangenheit aufzuarbeiten, lehnte Transparency dankend ab (Seite 365 ff). Kistners Buch ist eine beeindruckende Sammlung von kleinen und großen Verfehlungen, von Abhängigkeiten und Misswirtschaft, von Korruption und Reinwaschung aus 20 Jahren Recherche. Eine spannende Lektüre für alle, die nicht nur das Resultat oder der Spielzug auf dem Platz interessiert, sondern die Verflechtungen derer, die im Hintergrund die vordergründig so schöne Welt des Fußballs organisieren.

(Ulrike Spitz)

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