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Rezension

Wabnitz/ Janovsky: Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts

3. Auflage / 2007 C.H. Beck Verlag, ISBN 978-3-406-55479-7, 140.

Warum sollte man sich ein 1800 Seiten starkes Buch kaufen, das sämtliche Bereiche des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts darstellt? Die Frage scheint müßig, denn seit der ersten Auflage sind gerade einmal sieben Jahre vergangen. Es besteht also offenbar ein Bedarf bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und der mit Delikten befassten Verwaltung, aber auch bei Rechtsabteilung, Rechtsanwälten und anderen Beratern an einer umfassenden Darstellung dieser Materie. Und doch: Warum müssen Kriminologie, materielles allgemeines Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, die besonderen Strafvorschriften des StGB und der Nebengesetze sowie des Steuerstrafrechts sowie das Prozessrecht und Tipps für den Verteidiger

in einem Band zusammengefasst werden, statt dem Leser Einzelwerke an die Hand zu geben? Nun, der besondere Charme der Zusammenstellung besteht zunächst darin, dass sich der Leser mit dem Erwerb dieses einen Bandes für seine juristische Bibliothek vorläufig zufrieden geben kann. Er wird hier die theoretischen Grundlagen, weiterführende Überlegungen und Hinweise zu seinem Problem finden, und das genügt in vielen Fällen zunächst, um den eigenen Fall weiter zu bearbeiten. Durch die Aktualität des Werkes ist bis auf weiteres sichergestellt, dass nicht nur die derzeit gültige Rechtsprechung, sondern auch Trends erfasst und nutzbringend verwendet werden können.

Die Herausgeber haben aber mehr geleistet: Die Kapitel beschäftigen sich normübergreifend mit Themenkomplexen, wobei einzelne Kapitel sehr wohl in gleicher Weise wie ein Kommentar die Rechtsnormen tiefgründig erörtern und es so ermöglichen, über die engere Bedeutung einer Vorschrift hinauszuschauen und den wirtschaftlichen Gesamtzusammenhang zu entdecken. Die ersten drei Kapitel beschäftigen sich mit der Entwicklung des Wirtschaftsstrafrechts in Deutschland, weisen aber gleichzeitig Bezüge zum europäischen Wirtschaftsraum und darüber hinaus auf. Strafrecht ist keine territoriale Angelegenheit mehr: Globalisierung, Integration und Kriminalität beeinflussen sich gegenseitig. Der Themenblock Wirtschaftsstrafrecht, eingeleitet von Richter am BGH Raum, wird in zwölf weiteren Kapiteln dargestellt, wie unter anderem „Geldwäsche und organisierte Kriminalität“, Insolvenz, Straftaten im Bankbereich, im Gesundheitswesen, Computerkriminalität, Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, Produkt- und Markenpiraterie, Kartellstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. Auch dem Thema Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung ist ein Kapitel gewidmet. Natürlich überschneiden sich die Bereiche zum Teil, was es gut möglich macht, auch einzelne in sich geschlossene Kapitel zusammenhängend zu studieren. Unter der Überschrift Steuer und Zoll ist das (internationale) Steuerstrafrecht und Außenwirtschaftsrecht dargestellt. 400 Seiten beschäftigen sich mit dem Ermittlungs- und Strafverfahren, wie zum Beispiel internationale Rechtshilfe, Verteidigung in Strafsachen, Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden.

Für jene, die sich dem Kampf gegen die Korruption in besonderem Maße verpflichtet fühlen, sei das Kapitel Korruption von Britta Bannenberg, Professorin an der Universität Bielefeld, besonders erwähnt. Sie führt in alle korruptionsanfälligen Bereiche der Wirtschaft ein, stellt dar, was nach derzeitiger Rechtslage strafbar ist und was nicht, und handelt darüber hinaus – dem Gesamtkonzept des Buches folgend – auch die Delikte mit ab, die typischerweise begleitend mit Korruption einhergehen. Sie zeigt auch die Ermittlungsseite und bedauert, dass noch immer kein Gesamtkonzept der Korruptionseindämmung umgesetzt sei (S. 687).

 Die seit 1994 zu beobachtenden Schritte reichten bei weitem nicht aus. „Wenn jedoch eine der Hauptursachen für die Ausbreitung der Korruption der Verlust ethisch-moralischer Grundwerte ist, dann kann die Zurückdrängung der Käuflichkeit nur gelingen, wenn ethisch-moralische und rechtliche Maßstäbe das Verhalten bestimmen und nicht die kalte Kosten-Nutzen-Abwägung von Vorteil und Risiko des Rechtsbruchs.“ (S.692)

Dr. Peter Hammacher

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