Publikationen
Rezension

Werner Rügemer: "Heuschrecken im öffentlichen Raum – Public Private Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments"

transcript Verlag Bielefeld, 2008

Ein lesenswertes Buch!

Wieder einmal hat Rügemer einen engagierten Beitrag zum Thema Privatisierung und korrupte Netzwerke recherchiert. Im nun vorgelegten Band befasst er sich mit den Finanzinstrumenten, die die Privatisierung öffentlicher Aufgaben im Infrastruktur- und Immobilienbereich begleiten. Die Verteilung des nachhaltigen Finanzrisikos misslungener Projekte, ist das Thema des Buches. Dazu wird eine Vielzahl von Fallbeispielen analysiert.

Finanzierung öffentlicher Aufgaben mit geliehenen Geldern, die Finanzierung in Form von Public-Privat-Partnerships (PPP) und allgemeine Fragen der Integrität der Privatsektor Beteiligung (PSP) sind für alle Mitglieder und Freunde von TI interessant: Steuermindereinnahmen oder  Preiserhöhungen nach Privatisierung,  Benachteiligung des Mittelstandes, Qualitätsprobleme und Niedriglöhne beschreiben die skandalösen Lasten für die Allgemeinheit aus PPP  in den dargestellten Fällen.

Besonders interessant war für mich die Aufarbeitung der Geschichte einiger Großprojekte in Großbritannien. Uninformiertheit, fehlende Kritikfähigkeit, ungenügende Sachkompetenz und mangelnde Integrität kennzeichnen das Milieu, in denen die im Buch dargestellten Fälle  entstehen konnten. Erfolge der kritischen Bewegungen gegen die Misswirtschaft zeigen aber auch, dass Instrumente und Maßstäbe entwickelt werden können.

Das Buch erscheint in einer Zeit der Werbung für PPPs in der Bundesrepublik.

Die Privatsektorbeteiligung an der Erledigung öffentlicher Aufgaben ist in der Bundesrepublik ein staatlich gefördertes Projekt, das in diesen Wochen seine institutionelle Ausprägung durch die bundesweite Gesellschaft „Partnerschaften Deutschland“ – selbst ein PPP – erhält.

Nach anfänglicher Euphorie und Überschätzung, vor allem dem Mangel an seriösen Berechnungsgrundlagen ist in letzter Zeit eine erfreuliche Versachlichung eingetreten. Insbesondere die Risikoverteilung zugunsten oder zulasten der öffentlichen Kassen ist ein Thema geworden, die Vielfalt der Erfahrung mit neuen PPPs und die konsequenten Vorgaben für die Ausschreibungen durch die Europäische Ebene haben den kritischen Sachverstand erhöht. Auch die Rechnungshöfe haben sich kritisch positioniert. Nicht überall kann ich Rügemers der Bewertung zustimmen: Insbesondere ist die Lebenszyklusbetrachtung Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung im Anlagen- und Immobilienbereich, die in vielen Fällen dazu führt, dass Eigenerstellung und traditionelle Ausschreibung nachweislich die nachhaltige und wirtschaftlichere Lösung gegenüber dem PPP sind.

Rügemers Buch macht deutlich: Transparenz und Klarheit hinsichtlich der eingesetzten Finanzinstrumente sind Kernelement der Risikobeurteilung einer Beteiligung Privater. Information über die Auswirkungen eines je konkreten PPP und eine konkrete Bewertung der vertraglichen Risikogestaltung sind ebenso selbstverständlich wie unabdingbar, deren Nachvollziehung durch die politischen Entscheider  erforderlicher denn je, und über allem steht die Frage nach dem „ob“ des konkreten Vorhabens, für das die Form des PPP in Betracht gezogen wird.

Daher meine ich: Das Buch ist eine spannende Lektüre  für alle, die sich mit der Behandlung, Bewertung und Konzeption von PPPs befassen, Integrität bei Privatsektorbeteiligung durchsetzen und aus umfassend recherchierten und journalistisch aufbereiteten Erfahrungen lernen wollen.

Gabiele C. Klug

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