Publikationen
Rezension

Werner Rügemer (Hrsg.): Die Berater - Ihr Wirken in Staat und Gesellschaft

Transcript Verlag 2004. ISBN 3-89942-259-7. 243 Seiten, 21,80 Euro

Der Band versammelt 14 Aufsätze überwiegend deutscher Autoren, die sich mit den Methoden, Interessen und gesellschaftlichen Folgen der Arbeit von Beratungsunternehmen im Dienste deutscher und EU-Politiker beschäftigen.

Der Herausgeber will nach eigener Aussage Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftskanzleien benennen, „mit Namen, Adresse und Telefon, mit Arbeitsmethoden und Ergebnissen“, um der Globalisierung ein Gesicht zu geben und Verantwortlichkeit zuzuordnen.

Die Ausführungen beschäftigen sich mit Beratungsdienstleistungen in Schule und Wissenschaft, im Sozialbereich und Kultur, den Kommunen, einer Landesregierung und der EU. Sie sind nicht für diesen Band geschrieben worden, sondern vom Herausgeber aus vorliegenden Arbeiten zusammengestellt worden, was ihre unterschiedliche Herangehensweise an das Thema erklärt.

Werner Rügemer geht von der These aus, dass alle diese Beratungsunternehmen – womit in erster Linie die fünf großen amerikanischen gemeint sind, die auch in Deutschland den größten Marktanteil haben – „den Staat und die Sozialsysteme nach privatwirtschaftlicher Logik grundsätzlich und nachhaltig umstrukturieren wollen und sollen.“ Damit ist gemeint, dass immer und ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl in „neoliberaler“ Manier Privatisierung öffentlicher Leistungen vorangetrieben werden soll, um den Nutzen der privaten Eigentümer und des Topmanagements zu maximieren. Diese These wird von den meisten (wenn auch nicht allen) der Autoren in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellt und mit zahlreichen, zum größten Teil bekannten Beispielen belegt.

Obwohl fast alle Autoren die Notwendigkeit betonen, öffentliche Verwaltungen und Mandatsträger durch zusätzlichen Sachverstand in die Lage zu versetzen, komplexe Entscheidungen mit weitreichenden Folgen zu treffen, wird deutlich, welche Gefahren für das demokratische Gemeinwesen eben auch damit verbunden sind: wenn z. B. Interessenverflechtung zwischen Politikern und Beratungsunternehmen, zwischen den Geschäftsinteressen des Unternehmens und seiner „Empfehlung“, mangelnde Transparenz, fehlender Wettbewerb und Verantwortungsscheu der Politik oder Verwaltung ein wichtiger Grund für die Einschaltung der Berater sind.

Die Aufsätze sind unterschiedlich informativ und stringent in ihrer Argumentation. Besonders lehrreich erschienen mir die konkreten Ausführungen zur Rolle und zum Vorgehen der Berater am Beispiel Köln/NRW (Rügemer), Landesregierung Bayern (Runge) und der EU (Hoedemann).

Das Thema bleibt sicherlich auch unter dem Aspekt Korruptionsprävention noch länger interessant, wobei aus meiner Sicht ein besonderes Augenmerk auf die Stärkung der demokratischen Kontrollen (Interessenkonflikte) und die Qualifizierung der Mandatsträger (besonders in Hinblick auf Auftragsvergabe und Formulierung der Anforderungen) gelegt werden sollte. Der verschwommene Kampfbegriff „neoliberal“ dient häufig eher der pauschalen Diffamierung und verstellt den Blick auf die Chancen der Veränderungen, die im besten Fall dazu führen sollen und können (!), dass knappe öffentliche Ressourcen nach den gewollten politischen Prioritäten bewusst eingesetzt werden.

Ameli Lüders

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